Institutional Money, Ausgabe 4 | 2024

D ie Geschichte beginnt im Dezember 1997. Da- mals verpflichteten sich 37 am Kyoto-Protokoll beteiligte Staaten, den Ausstoß klimaschädlicher Gase zu senken. Um die darin enthaltenen verbindlichen Zusagen umzusetzen, legte die Europäische Kommission erste Ideen zum Emissionshandel vor. Nach zahlreichen Diskussionen wurde das System 2005 eingeführt. Das lang- fristige Ziel: die Nettoemissionen in der EU bis 2030 um mindestens 55 Prozent gegenüber dem Stand von 1990 und bis 2050 auf null zu senken. Steuer vs. Emissionshandel Werden externe Effekte wie die Folgeschäden von CO 2 - Emissionen am Markt nicht von allein internalisiert, kann man über die Preisschraube nachhelfen. Dadurch entsteht eine entsprechende Signalwirkung, die Anreize zur Verrin- gerung der Emissionen schafft. ImWesentlichen gibt es hier zwei marktbasierte Lösungen: das Cap-and-Trade-System als eine von zwei Formen des Emissionshandels sowie die Koh- lenstoffsteuer. In der Forschungsarbeit „An Introduction to Carbon Pricing: Carbon Tax, Cap & Trade, ETS and Inter- nal Carbon Price“beschreiben Isabelle Dao, Thierry Roncalli und Raphael Semet (alle Amundi Investment Institute) bei- des genauer. Bei der Kohlenstoffsteuer erheben die Regie- rungen einen festen Preis pro ausgestoßener Tonne Kohlen- dioxid. Der Preis ist dabei bekannt und wird exogen vorge- geben, während die Menge der Emissionen schwanken kann. Die Steuer ist vor allem deshalb attraktiv, da sie relativ einfach funktioniert und für die Teilnehmer berechenbar ist. Herausforderungen sind dagegen die Festlegung eines ange- messenen Steuersatzes und des Erfassungsbereichs, umwirt- schaftliche und ökologische Ziele in Einklang zu bringen. Das Cap-and-Trade-System ist dagegen mengenbasiert. Es legt eine Obergrenze für die Gesamtemissionen fest und ver- teilt oder versteigert eine begrenzte Zahl von Zertifikaten, die es dem Inhaber erlauben, eine bestimmte Menge an Kohlenstoff zu emittieren.Der Preis wird dabei endogen be- stimmt. Beteiligte Firmen können die Zertifikate auf dem Sekundärmarkt handeln, sodass der Preis die Dynamik von Angebot und Nachfrage widerspiegelt. Das gilt als effizient, da Firmen mit niedrigeren Vermeidungskosten überschüssi- ge Emissionsrechte an Unternehmen mit höheren Kosten verkaufen können. Andererseits ist der resultierende Kohlen- stoffpreis unsicher und entwickelt sich volatiler als bei einer Steuer. Das könnte die Entwicklung sauberer Technologien Empirisch ist gut belegt, dass der Emissionshandel eine Reduktion von Treibhaus- gasen ermöglicht. Doch was die Funktionalität als Finanzmarkt angeht, deckt eine Studie erhebliche Schwächen auf. In effizienzen Überblick zur globalen Kohlenstoffbepreisung Weltweit wurden bereits 75 Programme umgesetzt. Die Nutzung von Emissionshandelssystemen und Kohlenstoffsteuern ist insgesamt recht ausgewogen. Bislang gibt es 38 aktive Emissionshandelssysteme und 37 Programme mit Kohlenstoffsteuern. 43 Programme, vor allem Emissionshandelssysteme, sind in der Entwicklung oder wurden von Regierungen angekündigt. Sieben Programme wurden wieder abgeschafft. Quelle: Dao, I. / Roncalli, T. / el Semet, R. (2024), An Introduction to Carbon Pricing: Carbon Tax, Cap & Trade, ETS and Internal Carbon Price, Amundi Investment Institute 125 Programme 33 ange- kündigt 10 werden ent- wickelt 7 abge- schafft 38 aktive ETS 2 regional 13 national 23 sub- national 37 aktive Steuern 27 national 10 sub- national 138 N o . 4/2024 | institutional-money.com THEORIE & PRAXIS | Emissionshandel FOTO: © LUISS UNIVERSITY » Der EU-Emissionshandel weist erhebliche Ineffizienzen auf, die seine Ziele untergraben. « Nicola Borri, Associate Professor, Department of Economics and Finance, Luiss University

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