Institutional Money, Ausgabe 4 | 2024
ge erteilen und damit Liquidität bereitstellen. Auch das klingt so weit plausibel. Doch die Forscher kommen zu ei- ner anderen Antwort: Leerverkäufer, die Liquidität bereitstel- len, sind tatsächlich besser informiert als solche, die Liquidi- tät nachfragen. Das Ergebnis ist überraschend und krempelt einen Großteil der Literatur in diesem Bereich um. Für ihre Untersuchungen verwenden die Autoren umfas- sende, proprietäre Leerverkaufsdaten auf Transaktionsebene von den 12 wichtigsten US-Aktienbörsen im Zeitraum von 2014 bis 2018. Die Börsen stellen 97 Prozent des Handelsvo- lumens der US-Aktienmärkte und sind unter den Dächern von NYSE, Nasdaq und CBOE zusammengefasst. Anhand der Transaktionsdaten lassen sich Leerverkäufe mit den Trades der umfangreichen Trade-and-Quote-(TAQ)-Daten- bank und mit Daten des Centers for Research in Security Prices (CRSP) verknüpfen. Anhand der TAQ-Daten zerlegen die Forscher das Leerverkaufsvolumen dann je nachdem, ob Liquidität bereitgestellt oder nachfragt wird, in zwei Kom- ponenten.Das erfolgt durch Abgleich mit dem entsprechen- den National Best Bid and Offer (NBBO). Transaktionen unter (über) dem vorherrschenden Mittelkurs werden dabei als vom Leerverkäufer (Käufer) initiiert eingestuft. Für die verbleibenden Short Sales, die zum Mittelkurs ausgeführt werden, erfolgt die Klassifizierung anhand des vorherigen Kurses nach dem gleichen Prinzip. In der Analyse zeigt sich, dass Bereitstellung und Nachfrage nach Liquidität fast gleichermaßen zum Leerverkaufsvolumen beitragen (siehe Grafik „Erstaunlich hoher Short-Anteil“). Die Forscher lösen also das Problem, Short Sales nach ihrem Liquiditätseinfluss zu unterscheiden. Bislang war das kaum möglich, weil die Granularität der üblicherweise ver- wendeten Leerverkaufsdaten begrenzt war. Sie waren auf Tagesbasis aggregiert, sodass die Effekte verdeckt wurden. Mit ihren Daten identifizieren die Autoren aber nur Trans- aktionen zur Eröffnung von Leerverkäufen, nicht zu deren Schließung. Ergebnisse Als Erstes replizieren die Forscher einen in der Literatur dokumentierten Zusammenhang: Aktien mit hohem Short- Volumen relativ zu ihrem gesamten Handelsvolumen schneiden schlechter ab als solche mit einer niedrigen Short- Volumen-Quote. Interessant ist aber die Unterscheidung in Shorts, die Liquidität bereitstellen oder nachfragen. Der Untersuchung zufolge weisen Liquidität bereitstellende Leer- verkäufe auf niedrigere künftige Renditen hin. Konkret ent- wickeln sich Aktien im höchsten Quintil der Liquiditäts- bereitstellung bei einer Haltedauer von 21 Tagen risikobe- reinigt um 38 Basispunkte schlechter als Aktien im niedrigs- ten Quintil (siehe Grafik „Klare Divergenz im Zeitablauf“) . Bei Short Sales, die Liquidität nachfragen, beträgt die Differenz nur 12 Basispunkte und ist statistisch nicht signifikant. In verschiedenen Robustheitstests dokumentieren die Autoren, Dass sie über fallende Kurse erfreut sind, beschert Leerverkäufern unter den Marktteilnehmern, die darauf setzen, dass die Preise ihrer Papiere langfristig steigen, nicht nur Sympathien. Wie eine aktuelle Forschungsarbeit zeigt, tragen Shortseller wesentlich zum Funktionieren der Märkte bei. N o . 4/2024 | institutional-money.com 127 Shortseller-Liquidität | THEORIE & PRAXIS FOTO: © GMF | GENERIERT MIT KI (ADOBE FIREFLY), ERASMUS UNIVERSITY ROTTERDAM Die Forscher lösen das Problem, Short Sales nach ihrem Liquiditätseinfluss zu unterscheiden. » Die am besten informierten Shortseller sind Liquiditätsanbieter, nicht Nachfrager. « Amar Soebhag, Assistant Professor of Finance, Erasmus University Rotterdam & Robeco Quantitative Investing
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